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Was wäre wenn?
Der Junge Archibald "Archie"
Ferguson wächst in den 1950er Jahren in Newark auf. Er ist ein aufmerksamer
Junge und hinterfragt schon früh bestimmte Begebenheiten. Und so kommt ihm
eines Tages auch dieser Gedanke: Was wäre, wenn etwas auf ganz andere Weise
geschehen würde als gedacht? Wenn durch ein zufälliges Ereignis sein Leben
dadurch einen völlig anderen Verlauf nehmen würde? So entstehen schließlich
vier Versionen seines Lebens, wo manchmal nur eine kleine Entscheidung zu einem
ganz anderem Leben führt...
"Ja, alles war möglich, und nur weil etwas auf eine bestimmte Weise geschah, hieß das noch lange nicht, dass es nicht auch auf eine andere Weise geschehen könnte. Alles könnte anders sein. Die Welt könnte dieselbe Welt sein, und doch wäre sie, wenn er nicht vom Baum gefallen wäre, eine andere Welt für ihn." - Seite 86
Paul Austers neues Werk ist schon auf den
ersten Blick eine beeindruckende Erscheinung: 1.264 Seiten lang und knapp 1,3
kg schwer - doch auch inhaltlich hat es einiges zu bieten: Mit einem sehr lockeren Erzählstil, bei dem
einzelne Sätze auch schon mal eine halbe Seite lang sein können, erzählt der
Autor die Geschichte von Archibald Ferguson. Der Roman beginnt mit der Einreise
von Archibalds Großvater in Amerika und welchem Umstand er es zu verdanken hatte,
dass er plötzlich "Ferguson" hieß. Nachdem man auch einen sehr guten
Einblick in Archibalds Verwandtschaft bekommen hat, rückt schließlich nach gut
fünfzig Seiten die Hauptfigur in den Vordergrund. Archibald, der im ganzen
Roman überwiegend bei seinem Nachnamen Ferguson genannt wird, stellt sich als
Kind die Frage: Welchen Weg hätte sein
Leben genommen, wenn er in bestimmten Situationen andere Entscheidungen
getroffen hätte?
So entstehen schließlich vier sehr unterschiedliche
Lebensgeschichten. Das Besondere hier ist, dass diese nicht einfach
nacheinander in vier langen Teilen aufgelistet sind, sondern immer abschnittsweise.
Dieses ist sehr überraschend und auch erst etwas gewöhnungsbedürftig, jedoch
sehr gut durchdacht und abwechslungsreich.
In einer der vier Geschichten ist mir diese
tolle Aussage von Ferguson im Gedächtnis geblieben:
"Ich bin richtig froh, wenn ich an all die Bücher denke, die ich noch nicht gelesen habe. Hunderte. Tausende. So viel, worauf ich mich freuen kann!" -Seite 269
Das genau diese Geschichte einen Verlauf
nimmt, mit der man so gar nicht rechnet, ist sehr überraschend...
Natürlich bleiben einzelne Längen bei
diesem Seitenumfang nicht aus. Manchmal schweift Auster etwas zu sehr ab. Manches
wird zu oft wiederholt oder einfach viel zu detailreich dargestellt. Obwohl ich
umfassende Geschichten mag, wäre hier weniger an manchen Stellen mehr
gewesen. Man benötigt schon etwas
Durchhaltevermögen. Im Gesamten betrachtet, hält sich dieses jedoch in noch einigermaßen
in Grenzen, vielleicht auch deshalb, weil der Schreibstil locker bleibt und
sich das gesamte Buch flüssig lesen lässt.
"Du scheinst dort drüben die Zeit deines Lebens zu haben, schrieb er in einem der zweiundvierzig Briefe, die er ihr im Sommer schickte. Während ich hier in New York das Leben meiner Zeit führe." - Seite 904
Genau wie bei der englischsprachigen
Originalausgabe ist das Cover der deutschen Ausgabe eher schlicht gehalten - gerade
dieses und der spezielle Titel 4 3 2 1
fallen sofort ins Auge.
Mein Fazit: Ein großes Werk mit Stärken und
Schwächen. Meine Meinung hier ist zweigeteilt:
Zum Einen ist es ein wirklich interessanter
und sehr gut aufgebauter Roman. Mit seinen 1.264 Seiten ein sehr umfangreiches Buch,
dass sich aber durch den lockeren Erzählstil überraschend flüssig lesen lässt. Der
Roman ist atmosphärisch sehr dicht, neben der Hauptfigur werden auch die
Nebencharaktere ausführlich dargestellt.
Jetzt kommt das "Aber": Sosehr
ich umfangreiche Bücher auch mag und diese mit Begeisterung lese - diese
Geschichte ist einfach zu lang. Nicht alle der vier Geschichten haben mir
gefallen, manches war etwas ermüdend und zu sehr in die Länge gezogen.
Vielleicht 300 Seiten weniger wäre perfekt gewesen.
Es ist kein schlechtes Buch! Diese Story
hat durchaus packende Momente und hält Überraschungen bereit. Der Schreibstil
hat hier einiges ausgemacht und mir sehr gut gefallen. Ich vergebe für dieses
außergewöhnliche Werk 3,5 Sterne.
Kurz gesagt: Wer ausführliche Romane mit
einem interessanten Schreibstil mag und etwas Durchhaltevermögen mitbringt, dem
kann ich dieses Werk nur empfehlen. Und auch wenn nicht alles perfekt war,
möchte ich dieses Leseerlebnis nicht missen.
Meine Bewertung:
Autor: Paul Auster
Genre: Romane
Seitenanzahl: 1.264
Erscheinungsdatum: 31.01.2017
Verlag: Rowohlt
Vielen Dank an den Rowohlt-Verlag
für das Rezensionsexemplar! :)